12.08.2005 - SonneMondSterne

Daten

von: mad

Location: Beilochtalsperre Saalburg / Thüringen

Ort: nicht angegeben

Beschreibung

in general
Was die SonneMondSterne von anderen Festivals unterscheidet, ist die gnadenlose musikalische Vielfalt. Schubladendenken ist fehl am Platz und fällt unter die Rubrik "how to torture your brain". Weder die Besucher, noch die Acts lassen sich logisch irgendwo einordnen. Fragt man sich, was KLEE mit elektronischer Musik gemein haben oder warum Leute in Feierkleidung vor Freude kreischend vor der Bühne stehen, kommt man zu dem Fazit, daß es hier um mehr geht, als um die Distanzierung von Gleichaltrigen anderer musikalischer Stilrichtungen oder den Krieg um die absolute Vorherrschaft. Toleranz ist der vorherrschende Wert. Man ist sich einig. Es geht um Spaß. Schon am Eingang wird dies klar, wenn die Securities einen durchwinken, ohne zu filzen. Dieses bloße Vertrauen ist ein weiterer positiver Aspekt, denn nur so kann der extrem große Andrang zur Primetime bewältigt werden. Die kurze Wartezeit wird zudem noch durch hochwertige Videoanimationen versüßt. Schon hier setzt die SonneMondSterne da an, wo andere Veranstaltungen nichtmal auf der Mainarea mithalten können.

the arrival
Als wir von Hannover aus Richtung Süd-Osten fuhren, verbreitete der Himmel Weltuntergangsstimmung. Die Farbe schwarz dominierte, Blitze schienen die flache Landschaft durchlöchern zu wollen. Der Sound des Regens verpaßte dem ganzen zusätzlich eine besonders depressive Note. Kurz vor Saalburg, als die Hügel zu wachsen schienen, waren wir dann aber wieder voller Hoffnung. Es wurde trockener. Die Kälte akzeptierten wir, vor allem weil wir noch für fast eine Stunde staubedingt im Auto sitzen durften. Einem Teil von uns blieb dann leider auch eine Drogenkontrolle nicht erspart. Sie durften das komplette Auto ausräumen. Die Hunde trafen erst ein, als sie fertig waren. Das Zelt war schnell aufgebaut und nach einer kurzen Wartezeit beim Tausch Karte gegen Bändchen waren alle Vorbedingungen für einen super Abend erfüllt.

the fryday ... friday
Die Temperatur bewegte sich zwar zwischen 8 und 9 Grad, doch der Himmel war klar und die dominierenden Symbole des Festivals zeigten ihre nackte Schönheit: der Mond in halber Form und ein Duzend Sterne. Ob es nun diese natürliche Schönheit, die durch wattstarke Beamer erläuchteten umliegenden Wälder oder die Vorfreude auf den Auftritt von The Prodigy waren, ist im Nachhinein schwer nachzuvollziehen. Fest steht jedoch, daß Glückshormone die herbstlichen Temperatur erträglich werden ließen. Und als The Prodigy dann begleitet von einer immensen Lightshow auf der Bühne standen, hätte es auch schneien dürfen. Trotz ihres nicht zu übersehenden fortgeschrittenen Alters und einer im Vergleich vergangener Tage etwas träge erscheinenden Bühnenshow klangen ihre Hits genauso brachial wie früher und besonders die Zugehörigkeit zu der tanzenden, kreischenden, singenden, pogenden ausgeflippten Fangemeinschaft vor der Bühne schien dieselbe wie früher zu sein. Nur die Technik machte diesem Highlight schließlich bei der Zugabe ein abrupptes Ende. Schade.

Zeitgleich bretterte DJ Rush im Maincircus. Scheinbar härter und schneller als sonst, oder war es die perfekte Beschallung? Auch hier war die Partycrowd nicht mehr zu halten, denn wer kann noch ruhig bleiben, wenn der Großmeister synchron zu kreischenden Effekten seinen Körper nach vorne beugt und sein Gesicht lieb-böse-angeekelt verzieht?

Im weiteren Verlauf wechselten wir von Zelt zu Zelt, sahen uns Alter Ego, Dave Clarke, viele unbekannte und schließlich Tiefschwarz an. Um unsere Tanzmuskeln zu entspannen pausierten wir an den zahlreichen Essens-, Merchandising und Utensilien Ständen. Ein besonderes Highlight waren in diesem Jahr Einflüsse aus der Goaszene. Yogitee, frisch gepreßte Fruchtsäfte oder fruchtige Shishas machten das Chillen besonders erträglich. Die Sonne, die dann schließlich aus den östlichen Bergen hervorgekrochen kam und verschlafen auf das Festivalgelände blinzelte, bildete das letze fehlende Element dieses durchweg positiven ersten Tages. Durch Müdigkeit und Nieselregen wurden wir dann in Richtung Zelt geschickt.

the saturday
Nachdem wir uns dank Ohroplugs ausgiebig ausgeschlafen hatten, pilgerten wir erneut Richtung Festival Gelände. Mediengruppe Telekommander verpaßten wir leider und so begann der Abend mit der süßen etwas naiven Stimme von Klee. Irgendwie war hier zwar nichts außer der Gitarre elektronisch, doch das ist genau, was die SonneMondSterne ausmacht: Grenzüberschreitung, Crossover und eben nicht 0815 Chart Dance. Wem es nicht gefällt, der kann ja einfach die Location wechseln. MIA und die Fantastischen Vier setzten diese Linie fort. Im MainCircus begannen Stereo Total parallel zu MIA ihre Performance. Das Intro, welches durch abgefahrenen unisonisierten Analogsounds der Era der Telespiele entsprungen schien, visualisierte die damit verbundenen Glücksgefühle auf der Haut beider Arme. Mit einer sehr fortgeschrittenen Ausprägung einer Mischung der Vokale A und O durchbrach dann schreiend der Gitarrist Brezel Göring dieses Geburtstagsgeschenkeauspackgefühl und rappte die Mischung, die uns erwarten sollte ins Mikrophon: Chanson, Punkrock, Rock'n'Roll, Electro, Pop. Zusammen mit der Französin Françoise Cactus gabs dann absolut kitschige Songs wie "Wir tanzen im 4-eck", "Ich bin nackt" und "Mars Rendezvous". Die Kommentare zwischen den Titeln und die Sound aus dem Synthesizer sorgten anfangs für Verwirrung sorgten aber später zur absoluten Belustigung und glücklichen Gesichtern. DJ Koze baute die Stimmung anschließend noch weiter aus und Westbam scratchte sich schließlich in die Herzen. Tiesto, der genauso viele Hasser wie Fans hat, bot auf der Mainstage ein astreines Set. Durchweg technoid mit gering dosierten flächigen Sounds.

finally ...
Auch wenn irgendwie keiner in das algige, kalte Wasser des ansonsten so chilligen Sees wollte, war es wieder einmal ein sehr schönes Festival. Voller als sonst, und genauso abwechslungsreich. Die Outfits reichten von olivgrün-demonstrierenden Studenten über festivaltaugliche Jeans-Pullikombinationen, Rockgruppen-Merchandising bis hin zu Clubwear. N.Y. billig Plastikware bildete zum Glück die Ausnahme.

Ein Dank geht an dieser Stelle auch wieder an die Veranstalter, die erstaunliches auf die Beine gestellt haben.

fazit
Nächstes Mal nicht zögern - einfach hinfahren!

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