Sven: vom Winde verväth?

Erstellt am: 02.04.2004 - von: @lex

Er ist vermutlich Deutschlands einziger DJ-Popstar und auch bekannt als Techno- Imperator: Am 2. 4. kommt Selbstdarsteller Sven Väth zu Besuch ins Edelfettwerk nach Hamburg.

Schauplatz Frankfurt, ziemlich zu Anfang der 80er-Jahre: Im "Dorian Gray" tanzen alle Waver und New Romantic-Anhänger der Main-Metropole, die etwas auf sich und von der Szene halten. Unisex-Make-up und Al-Capone-Hut zu formschönen Karottenjeans und kastenförmigen Blazern (ein Hoch auf die Schulterpolster!) sind hier keine Seltenheit, denn geschmacksverirrte Extravaganz gehört wie Human-League- und OMD-Beschallung zum Pflichtprogramm. Inmitten dieser Vollversammlung der Selbstdarsteller fokussiert sich der Blick auf einen, der stark an die Reinkarnation von Andy Warhol erinnert und dessen experimenteller Fashion- und Tanzstil alle anderen Gäste irgendwie nach angepassten Vorstadt-Langweilern aussehen lässt.

Tja, die ganze Wahrheit ist also, dass Sven Väth sein erstes DJ-Engagement nicht seiner überzeugenden Fingerfertigkeit, sondern allein seinem exzessiv zur Schau gestellten Narzissmus zu verdanken hatte. Aber, hey, das waren die 80er, da wurde Lifestyle-Ästhetik groß geschrieben, und die Jungs vom "Dorian Gray" haben es nie bereut, den Stammgast an die Turntables geholt zu haben, schließlich konnten sie sich später rühmen, den Vater des legendären "Sound of Frankfurt" entdeckt zu haben. Denn als einer der ersten deutschen DJs hatte Väth die Nase voll von Post-Disco- und laschen Synthie-Harmonien, die so gar nicht zu seinen Champagner-Schlachten-Sets passen wollten. Er schwor vielmehr auf vollmundige House-Tunes und nach seiner Acid-Phase dann als finale Lebenspassion auf geradlinige Techno-Beats.

Das liegt alles schon eine Weile zurück, Sven Väth ist seit über einem Jahrzehnt der Popstar der deutschen Techno-Bewegung, er war Inhaber diverser Labels, vieler Clubs und kann auf einige Love-Parades und durchrockte Ibiza-Sommer zurückblicken. Inzwischen ist er Herrscher über sein "Cocoon"-Imperium, Booking-Agentur, Event-Organisation und Label in einem. Anstatt auf Schampus schwört er jetzt auf Ayurveda-Kuren und schmiedet Pläne, eine Doku-Serie über das Schamanentum in Südamerika zu drehen. Aber Selbstinszenierung findet er immer noch top, und wer je einem Set des wilden Frankfurters beiwohnen konnte, der weiß, dass seine Performance noch immer ein echtes Erlebnis ist.

Quelle: www.abendblatt.de