EGOEXPRESS - Hohe Kunst & tiefe Bässe
Erstellt am: 28.09.2006 - von: Sabine
Einst kreuzten Egoexpress House mit Indie, doch mittlerweile haben die blauäugigen Hamburger zu einer neuen Reinheit gefunden.
«Oh my god! It’s techno music.» Diese Warnung muss aus Hamburg kommen – vor allem, wenn sie die zentrale Hookline einer der heftigsten Techno-Nummern des vergangenen Jahres ist. Denn dieser hintergründige Humor macht die elektronische Identität der Hansestadt aus, sei es nun bei International Pony, Deichkind oder eben bei Egoexpress.
«Knartz IV» heisst die ohrenbetäubende Fanfare im Single-Format, mit der Mense Reents und Jimi Siebel ihre triumphale Rückkehr auf den Dancefloor ankündigten. Nach fünf Jahren Pause veröffentlichten sie 2005 mit «Hot Wire My Heart» ihr drittes Album und gaben darauf eine Liebeserklärung ab: ans Nachtleben, an den Club, an diese Momente, in denen sich das Publikum im roten Bereich bewegt und allein die Musik es zu tragen scheint.
Es sind die krassen Gegensätze, welche die Musik von Egoexpress so unwiderstehlich machen. Und die kommen nicht von ungefähr. Denn Egoexpress sind eigentlich waschechte Indie-Rocker. Kennengelernt haben sich die beiden bei Das Neue Brot, einer Band aus der ersten Generation der Hamburger Schule, zu der auch Blumfeld oder die Goldenen Zitronen gehören. Bei Letzteren ist Mense nach wie vor für die Rhythmik verantwortlich.
Irgendwann Mitte der Neunziger beschlossen die beiden, House-Musik zu machen. Inspiriert von den eher ruppigen Tracks eines DJ Sneak oder Green Velvet begannen sie ohne technisches Vorwissen damit, auf Synthies und Drumcomputern herumzudrücken. Das Ergebnis dieser Sessions hiess «Foxy» und klang nach Elektropunk, bevor dieser Begriff überhaupt geprägt wurde. Dementsprechend verhalten war denn auch die Reaktion auf ihre Musik – es war eine Zeit, in der die Fronten zwischen Dance- und Gitarrenmusik klar gezogen waren. Wer die Seiten wechselte, war ein Verräter.
Aber jetzt ist 2006. Und während alle Welt die Fusion von Gitarren und Beats als heilbringend feiert, haben Egoexpress auf «Hot Wire My Heart» zu einer neuen Reinheit gefunden. Weg vom Pop, hin zum kompromisslosen Tanzfutter für die verschwommenen Stunden der Nacht. Die Gegensätze in ihrer Musik sind zwar immer noch da, verstecken sich jetzt aber im Detail und kommen deswegen vor allem in einer Umgebung zur Geltung: im verschwitzten, pumpenden und deshalb so himmlischen Club deines Vertrauens.
Quelle: www.20min.ch