Interview mit Moni B.

Erstellt am: 23.01.2002 - von: tino

Freundlicher Weise hat sich Moni B. - meiner Meinung nach die DJane aus Hannover - für ein Interview für diese Website zur Verfügung gestellt. Es ist gut zu wissen, dass sich ein DJ noch außerhalb der Club-Aufenthalte Zeit für seine Fans nimmt und für Fragen bereit steht. Die Schwelle zwischen Fan und Vorbild ist in unserer Szene offenbar doch noch nicht so hoch!
In sehr entspannter Atmosphäre und nettem Plauderstil erzählte Moni B. ein wenig aus dem Nähkästchen. Im Folgenden werde ich Euch nun ein bisschen aus dem Leben der DJane näherbringen...



Tino: Ist es richtig, dass Du früher HipHop gehört hast? Wie bist Du zum DJ-ing gekommen?

Moni B.: Ja das stimmt. Breakbeat ist im Grunde nur auf 45‘er Geschwindigkeit laufender Hip Hop. Somit habe ich über HipHop und Breakbeat den Einstieg zur Techno-Musik gefunden. Meine 1. Technopartie habe ich am 26.12.92 besucht- das „Rave-Syndrom“ im „Weltspiele“. Danach war ich öfter im Weltspiele feiern. Bei den dort angehörten Sets fehlte mir aber irgendwas und ich dachte mir, dann mixe ich halt meine eigenen Tapes und so habe ich mir zwei Plattenspieler und einen Mixer gekauft. Ich habe etwa eineinhalb Monate zu Hause gemixt, als ich von einem damaligen Veranstalter eingeladen wurde auf der Abschlussveranstaltung im damaliegen „Trance“ aufzulegen. Das war 1994 und seitdem bin ich im DJ-Geschäft.



Tino: Wie oft legst Du auf?

Moni B.: Im Moment etwa vier mal im Monat. Vor einiger Zeit, als ich sehr viel aufgelegt habe, kam ich locker auf 13 bis 14 mal.



Tino: Bist Du Resident-DJ in einem Club?

Moni B.: In der Men’s Factory, seit August 1996.



Tino: Was arbeitest Du, wenn Du nicht gerade in Clubs unterwegs bist?

Moni B.: Ich bin Callcenter-Agent im Telemarketingbereich.


Tino: Du arbeitest in der Woche, hast eine Wohnung, eine Beziehung, Freunde... Dafür braucht man selbstverständlich Zeit. Wie stressig ist das Leben als DJ?

Moni B.: Man kann sich daran gewöhnen und es läßt sich alles unterbringen. Es ist genauso wie ohne Drogen lange wach zu bleiben.


Tino: Was machst Du in Deiner Freizeit - falls es so etwas bei Dir überhaupt gibt?

Moni B.: (Muß lange überlegen...) Wenn ich mal welche habe, sehe ich Dokumentationen im Fernsehen an, fahre Fahrrad oder gehe Spazieren.


Tino: Gehst Du selbst noch feiern - oder bleibt als DJ dafür keine Zeit mehr?

Moni B.: Im Jahr werden bei mir dafür definitiv zwei Termine freigehalten. Das ist zum Ersten die Mayday in Dortmund, wo ich dieses Jahr schon zum 10. Mal dabei sein werde und zum Zweiten die Streetparade in Zürich.



Tino: Welchen Club würdest Du als d e n Club in Hannover und Umgebung bezeichnen?

Moni B.: Wenn es um minimalistischen Techno geht, ist man im H de M wohl am besten aufgehoben. Für die kommerziellere Schiene stehen da in erster Linie das Fun 2000 und das Orbit oder auch Schallkraft.



Tino: Wie siehst Du die Entwicklung der hannoveraner Technoszene, wenn ich z.B. an die Hanomag-Zeiten und den Vergleich zu heute denke?

Moni B.: Früher war alles noch eine große Familie. Es waren die unterschiedlichsten Leute da und sie haben sich doch umeinander gekümmert. Wenn jemand zu verpeilt in der Ecke saß, hat man sich danebengesetzt, gefragt ob alles o.k. ist und auf ihn aufgepaßt. Egal ob man ihn nun kannte oder nicht.
Heute interessiert sich keiner mehr für den anderen. Ich frage Dich: Was für `ne Technoszene gibt es überhaupt noch?
Ich finde, die Leute sollten alle mit mehr Achtung durch die Gegend laufen und sich nicht immer selbst für die Tollsten und Besten halten, bzw. sollten die Aggressionen auch mehr im Hintergrund stehen, man kann sich schließlich auch mal entschuldigen, wenn man jemanden anrempelt.


Tino: Welche Stadt ist Deiner Meinung nach die Partyhauptstadt in Deutschland?

Moni B.: Berlin und Frankfurt.



Tino: Du warst bei der Reincarnation, Loveparade und diversen Raves in Hannover an den Plattentellern. Welche Veranstaltung war die Beste, bei der Du dabeigewesen bist?

Moni B.: Ich lege seit 1994 auf. Wie soll ich jetzt sagen, was am besten war? Die beste Zeit war etwa 1993 - 1995. Die Streetparade in Zürich ist ein absolutes Highlight im Technojahr. Dort ist das Feeling einfach besser als auf vielen anderen Raves. Die Leute sind gelöster und freundlicher. Es ist ein bisschen wie früher - eine große Familie.
Außerdem ist die Musik auf den einzelnen Wagen viel unterschiedlicher als auf hiesigen Streetparades. Dort werden unterschiedlichste stilistische Richtungen gespielt, während hier die Wagen alle ziemlich austauschbar sind und die gleiche Musik spielen.


Tino: Wo möchtest Du noch gerne auflegen?

Moni B.: In Amerika oder England. Dort ist das Feeling ganz anders. Es ist auch so, dass die Veranstaltungen schon um 2.00 oder 3.00 Uhr zuende sind und dann ist auch wirklich Schluss.



Tino: „Stripped“ ist ein Track, der aus Deiner Feder stammt. Gibt es noch mehr Sachen von Dir?

Moni B.: Ich habe noch zwei Folgeplatten, die mit „Stripped“ nicht zusammenhängen und völlig eigenständig sind, produziert (in Richtung England-Trance), dafür wird aber noch ein Label gesucht.
Auf der „UnionCrowed Compilation I“ ist ebenfalls ein Track von mir, der aber nicht auf Platte herausgekommen ist.



Tino: Welche war die 1. Platte, die Du gekauft hast?

Moni B.: Die erste LP von Monie Love.



Tino: Welche musikalische Stilrichtung bevorzugst Du?

Moni B.: Beim Auflegen spiele ich fast alles, was zu Techno gehört. Zu Hause höre ich zurzeit eher Drum&Bass und Breakbeat.



Tino: Welche Bedeutung werden in Zukunft Platten, CD`s und MP3`s haben?

Moni B.: Ich glaube, Platten wird es ewig geben.



Tino: Hat sich die Szene verändert?

Moni B.: Laufend. Die Leute von heute haben die Szene von früher nicht kennengelernt. Mittlerweile gibt es leider viele, die nur Streß machen wollen. Es ist nicht mehr die große Familie...aber jede Szene verändert sich, oder?



Tino: Besteht die Szene jetzt aus lauter konsumorientierten kaufkranken Leuten?

Moni B.: (Lacht) Ja.
Anfangs gab es noch keine Girlie-Shirts, Hairstyles und die jetzt typischen Hosen. Früher haben sich die Leute auch verrückt und anders angezogen, aber da hatte sie der Markt auch noch nicht als Käuferpotential entdeckt.


Tino: Gibt es in der Technoszene eine Botschaft, die übermittelt werden soll oder geht es schlicht ums Feiern?

Moni B.: Inzwischen ist es nur noch Feiern.
Es war mal anders. Früher gab es den Zusammenhalt. „Friede - Freude - Eierkuchen“ lautete Dr. Mottes Aufruf bei einer Loveparade. Das war eine sehr gutgemeinte Botschaft.
Mittlerweile hat sich aber auch einiges geändert. Die Jugend hat keine Zukunft mehr. Die Bildung an den Schulen ist in den letzten Jahren immer mehr zurückgegangen und schlechter geworden, während die Anforderungen für Lehrstellen immer höher werden. Durch die zunehmende Perspektivlosigkeit gibt es mehr Kriminalität und es ist eine Null-Bock-Generation im Heranwachsen. Das liegt aber nicht an den Jugendlichen selbst sondern an den Zielen und Aussichten, die ihnen mehr und mehr genommen werden.


Tino: Wie siehst Du die Zukunft von Techno?

Moni B.: Ich weiß nicht, ob es Techno noch lange geben wird. Im Moment werden dauernd nur noch alte Sachen geremixt und auf das heute gängige Tempo verlangsamt und entschärft. Es gibt wahrscheinlich keine großartigen neuen Stilrichtungen mehr, da sie sich bereits entwickelt haben. Früher hatte Techno noch überaschende Momente in den einzelnen Tracks. Es gab unerwartete Beats und Breaks, heute ist es „berechenbare Musik“ geworden. Man weiß schon vorher: jetzt kommt ein Break, ein Trommelwirbel und gleich hämmerts richtig los...



Tino: Eine Frage zum Internet: Ist das Netz das Medium dem die Zukunft gehört?

Moni B.: Sicherlich. Die Tendenz geht eindeutig dahin. Andererseits ist es auch ein guter Weg, um alles platt zu machen. Denk nur mal an den „I love you“-Virus, der so einige Leute ins Schwitzen brachte. Es ist sicher auch möglich, viel gefährlichere und weitreichendere Aktionen über das Netz zu starten, über die wir jetzt noch gar nicht nachdenken.


Tino: Letzte Frage: Was planst Du für die Zukunft?

Moni B.: (Ein erstaunter und fragender Blick.) Ich plane eigentlich nichts. Die heutige Zeit ist so sprunghaft und wechselseitig, dass man sehr langfristig gar nichts planen kann.

...aber...

...ein Haus in Griechenland wäre ganz schön...


Tino: Danke für das Interview!

Moni.B: Ich danke Dir und hoffe auf doch noch viele, viele schöne Party’s!!!