Interview mit DJ thajoka

Erstellt am: 06.07.2002 - von: nw

Wir dürfen uns wohl zu einer der glücklichsten Internetpräsenzen zählen, die ein Interview mit dem legendären DJ thajoka bekommen hat. Neben seinen unzähligen Auftritten und einem mehr als überfüllten Terminkalender, hat er sich für Technofans.de die Zeit genommen – und davon nicht gerade wenig – um uns Rede und Antwort zu stehen. Dieses Interview gibt uns einen kleinen Einblick in die Welt des Top DJs und verrät uns mehr über das Geheimnis seines riesigen Erfolgs.


Nadja: Wir wollen Dir auch gar nicht die alberne Frage stellen, wie Du zum Auflegen gekommen bist. Aber wie hast Du - im Rückblick - Deine Blitzkarriere verarbeitet? Das ging ja in kürzester Zeit ziemlich hoch hinaus…

thajoka: Meine Freunde halten mich immer auf dem Teppich der Tatsachen. Außerdem habe ich eine gesunde Selbsteinschätzung. Der Erfolg kann noch so groß ein, ich kritisiere mich trotzdem immer selber.


Nadja: Hast Du ein Geheimrezept für Deinen Erfolg?

thajoka: Ja. Üben, üben, üben. Sechs Stunden am Tag, sieben Tage die Woche, ca. 4 Jahre lang.


Nadja: Welche Titel hast Du bisher durch Deinen Erfolg erzielt?

thajoka: Also, ich wurde 1998 zuerst Celler Meister und dann gegen Ende des Jahres zum vorletzten Europameister gekürt. Dieser Titel wird mittlerweile nicht mehr ausgetragen. 1999 wurde ich Vize Niedersachsen- und Ostwestfalenmeister. Ferner wurde ich im gleichen Jahr vierter bei den deutschen DMC Meisterschaften.
Letztes Jahr war ich dann wieder Finalist bei den deutschen DMC Meisterschaften und dritter bei den ITF (International Turntablist Federation) Regionals. Insgesamt habe ich an über 15 Wettbewerben teilgenommen, die ich durchgehend mit dem 1. Platz oder unter den ersten drei Plätzen abgeschnitten habe.


Nadja: Man sagt von dir, dass Du im Vergleich zu anderen DJs in deiner Liga relativ bodenständig bist...

thajoka: Ja muss sein. Ich weiß was ich kann und was nicht und das ist richtig so. Ich will nicht, dass die Leute einen kennen lernen als ein größenwahnsinniger Technoverstrahlter, der sich für Gott hält. Das können andere machen.


Nadja: Du legst schon eine verdammt lange Zeit auf; wann bist Du als thajoka das erste Mal an die Öffentlichkeit gegangen?

thajoka: Richtig professionell bin ich seit 1991/92 dabei. Ich habe damals als Tour DJ von der Gruppe D.O.E. angefangen. Das war ne Hip Hop Crew bestehend aus zwei Mc´s und mir. Wir sind damals von Party zu Party gezogen und haben Spaß gehabt.


Nadja: Wird das Auflegen nach so vielen Jahren nicht langsam langweilig?

thajoka: Nein, eigentlich nicht. Es gibt immer wieder was zu entdecken. Die Musik entwickelt sich weiter und die Technik auch. Falls die Musik etwas stagniert, kommt jemand, der das ganze wieder durch seine Mixfähigkeiten ausgleicht oder umgekehrt. Es ist immer wieder ein sehr geiles Gefühl, die Leute in Extase zu treiben.


Nadja: Was wird Dein neuestes Projekt werden? Hast Du irgendwo Festival-Gigs, um Deine Musik live zu präsentieren?

thajoka: Eins meiner größten Projekte im Moment ist das Fertigstellen eines Mixtapes, was meine bisherigen Mixkünste widerspiegeln soll. Es wird deutschlandweit erhältlich sein. Weiterhin stecke ich in den Vorbereitungen, für die Deutsche Meisterschaft 2002 am 24. August in Köln, was verdammt viel Zeit in Anspruch nimmt. Na ja und mit diversen Gigs bin ich ja auch gut bedient. Die ergeben sich immer so wie mein Booker das möchte.


Nadja: Du arbeitest nach wie vor solo. Hast Du jemals was anderes versucht?

thajoka: Nicht ganz, ich habe einen Team Partner. Er heißt DJ Chillentano. Er ist ein junger Hip Hop DJ, der sehr gut ist. Mit ihm und jemand anderes werden wir dieses Jahr als Team bei den DMC Meisterschaften in der Kategorie Team antreten. Im Moment haben wir nur einen Gegner, d.h. wir wären so gesehen schon Vize Deutsche Meister. Mal schauen. Dies ist im Bereich Hip Hop. Da ich mich ja nicht nur auf diesen Bereich beschränke, arbeite ich aber sonst lieber allein, das stimmt schon. In der Vergangenheit habe ich noch andere Partner gehabt. Doch die haben leider mittlerweile schon aufgehört aufzulegen. Für einen DJ ist es sehr schwer, ein Level zu halten und mehrere stilisierte Richtungen wie Techno oder Hip Hop gleichrangig aufzulegen. Ich habe dieses geschafft und stehe somit allein auf weiter Flur, was nicht negativ ist.


Nadja: Wie wichtig ist Menschlichkeit in der Szene und in der Musik für Dich?

thajoka: Das ist schwierig. So gesehen ist das DJ Business und gerade die Techno Szene knallhart. Wenn du richtig bekannt werden willst, musst du produzieren. Wenn nicht, wird dich nie einer kennenlernen. Hat man kein Vitamin B und kennt nicht richtig viele Leute, die mit Musik zu tun haben, kannst du es ebenfalls vergessen. Leider bleibt dabei die Menschlichkeit bei einigen Leuten auf der Strecke. Man wird abgezogen oder ausgenutzt. Man muss sich in all den Jahren erst seinen Weg dadurch bahnen, um zu wissen, wo man steht.


Nadja: Dein Style ist komplett anders als der übliche Progressive Style. Ich finde es sehr interessant, emotionale Künstler ihre Kunst analysieren zu lassen. Versuch doch also mal thajoka selbst zu beschreiben.

thajoka: Mein Style hat einen Namen: Hit and Run. Ich liebe es in einen Club zu gehen und aufzulegen, wo einen keiner kennt, und dort so das Haus zu rocken, dass man den Leuten ewig im Gedächtnis bleibt. Danach geht man dann ganz locker wieder nach Hause.


Nadja: Bist Du Deinem Style von Anfang an treu geblieben oder veränderst Du Dich zukunftsorientiert?

thajoka: Mein Mixstyle wird immer mehr ausgebaut. Mein Musikstyle verändert sich immer wieder. Wenn ich auf der Stelle treten würde, dann könnte man sich meinen Kram nicht anhören. Man rennt ja nicht mit Scheuklappen durch die Gegend. Ich bin immer für musikalische Experimente, in denen ich einen Sinn sehe, zu haben.


Nadja: Was ist das Wichtigste für Dich an Musik? Der Spirit, die Idee, der Groove, die Energie oder die Qualität am Produzieren?

thajoka: Die qualitativ hochwertig umgesetzte Idee des Grooves ist das Wichtigste. Man versucht als DJ oft Platten zu finden um neue Trends einzuleiten. Diese Platten müssen Elemente besitzen, die es schon gab und dazu noch Neue. Wenn das richtig passt, ist die Musik genial und man hat das Klassenziel erreicht.


Nadja: Was war Dein abgefahrendstes Partyerlebnis?

thajoka: Sorry, ist nicht jugendfrei.


Nadja: Wie oft legst Du derzeit monatlich auf?

thajoka: Wenn ich Bock habe, jedes Wochenende mehrfach.


Nadja: Welchen Style legst Du am liebsten auf?

thajoka: Eigentlich macht alles Spaß aufzulegen.


Nadja: Heute hat ja fast jeder 3. einen Plattenteller oder ein Mischpult zu Hause rumstehen. Wie gehst Du mit solchen Möchtegern-DJs um und was hälst Du von solchen? Gibt es Deiner Ansicht nach zu viele DJs in der Welt?

thajoka: Alle haben mal klein angefangen. Ich ja auch. Ich hasse jeden, der auflegt, nur weil es gerade ein Trend ist. Alle anderen können mal die Macher der Zukunft werden. Man sollte auch denen immer wieder eine Chance geben. Es ist aber richtig, dass es mittlerweile zu viele DJs gerade im Bereich Techno gibt. Der Nachteil daran ist, dass man in der breiten Masse einfach untergeht. Qualität und Ausdauer siegt.


Nadja: Welches war Deiner Meinung nach Dein größter Gig und wo hattest Du am meisten Fun?

thajoka: Ich habe schon so viele Gigs hinter mir, die Hammer waren, da wäre es schwer einen besonders hervorzuheben. Funnig war dieses Jahr vor kurzem im Stadtpalais zu Celle. Das hat geflashed. Da haben auch 40 jährige zu meinem Sound auf den Tischen getanzt. Hammer!


Nadja: Was sind die 3 wichtigsten Dinge in Deinem Leben?

thajoka: Me, myself and I.


Nadja: Erzähl doch ein wenig über deine musikalischen Wurzeln und wie du diese als Grundlage für die Entwicklung deiner Sounds genutzt hast.

thajoka: Privat höre ich seit ich ein Kind bin Hip Hop. Mixen tue ich auch nach dem alten Hip Hop Prinzip. Sprich ich mache Quickmixing, Scratching und Blendings auf allen Musikrichtungen. Ich spiele sehr gerne House oder Techno, wo immer noch Hip Hop Elemente, wie z. Bsp. Breakbeats, Melodien, Vocals, Scratches etc. zu hören sind. Das wird sich auch nie ändern. Es ist schon beeindruckend, wie oft diese alten Elemente in der heutigen Musik auftauchen.


Nadja: Was ist Deine Meinung zur Entwicklung der elektronischen Musik und wohin geht der Weg? Was ist Deine Meinung zur Zukunft des Technos? Hast Du ein spezielles Statement dazu?

thajoka: Inovative Köpfe fehlen etwas im Moment. Man dreht sich im Kreis. Es werden wieder alte Musikstyles wie z. Bsp. Trance aufgekocht. Fernab davon denke ich aber, das Techno wieder etwas härter in Richtung Hardcore, monotoner und tribaliger wird. Es werden mehr Styles miteinander gekreuzt, da das Publikum mehr hören will, als nur einen Style am Abend.


Nadja: Du hast so viel erreicht in Deinem Leben: Hast Du überhaupt noch Träume, die Du Dir gerne erfüllen würdest?

thajoka: Ja ich wollte immer Weltmeister werden. Das klappt jedoch nicht. Daher wünsche ich mir lieber ne kleine Family.


Nadja: Was bedeutet für Dich die Loveparade, Du hast ja schon mehrfach dort aufgelegt…

thajoka: Vor ein paar Jahren, war es eine der geilsten Veranstaltungen, auf denen ich je war. Die Leute sind da sowas von nett und friedlich, wie nirgendwo anders. Das Flair ist der Oberhammer und unbeschreiblich. Doch leider ist es immer mehr zu einer Großveranstaltung für die breite Masse geworden, auf denen sich alle Jahre wieder die gleichen DJs wie Westbam, DJ Hell, Dr. Motte etc. feiern lassen. Ob der Urgedanke der Loveparade immer noch zählt, mag ich bezweifeln.


Nadja: Spielt die Debatte um Underground und Mainstream überhaupt 'ne Rolle für Dich?

thajoka: Nö. Ich sage mir immer, man kann den Leuten alles vorsetzen. Es muss nur gut verpackt sein. Ich habe besseres zu tun, als stundenlang darauf zu achten, ob ich Underground bin. Die Leute, die sich für Underground halten sind die Leute, die diese Debatte ins Leben gerufen haben, aus Neid, weil einer aus ihren Reihen seinen Style an ein Riesenlabel verkauft hat und jetzt mehr Geld als sie daran verdient, weil er keinen Bock mehr hatte, alles selber zu bezahlen. Mehr ist das nicht. Was ist daran falsch?


Nadja: Erinnern Dich einige Locations ein bisschen an früher, geheime Raves in Fabrikhallen und so?

thajoka: Leider nicht mehr. Bin mehr der gepflegte Clubmensch. Bevorzuge Läden wie das Dockland zu Münster oder La Cage in Hamburg. Klein gemütlich mit viel Atmosphäre.


Nadja: Dadurch dass Du viel unterwegs bist, hast Du bestimmt gar nicht das Problem, Tracks laut antesten zu müssen. Gibt’s so was wie einen Testpiloten?

thajoka: Der bin, glaube ich, noch ich selbst. Ich teste jede Scheibe! Kommt auf den Ort und das Publikum an. Klar gibt es immer wieder Scheiben, die einfach nicht funktionieren. Man hat aber immer ein Stammset, wo nur im Laufe der Zeit diverse Scheiben ausgewechselt werden. Mit der Zeit weiß man aber was man spielen kann und was nicht. Man entwickelt im Laufe der Jahre ein gewisses Gespür dafür. Dabei muss man seinen eigenen Geschmack immer ein bisschen beiseite stellen.


Nadja: Was bedeutet für Dich „feiern“?

thajoka: 120 Platten, drei Plattenspieler, nur Frauen auf der Tanzfläche, die alle gut drauf sind und zwei Flaschen Bacardi. Dann geht das... : 0 )


Nadja: Was nervt Dich am meisten?

thajoka: Partybremsen...


Nadja: Ist es heute in der Techno-Szene noch wichtig, in 'ner Stadt mit ner guten Clubinfrastruktur zu leben, oder ist es inzwischen egal, von wo aus man agiert?

thajoka: Vom Grundsatz her egal. Man muss viele Kontakte haben. Besser ist es natürlich, wenn man in einer Großstadt wohnt, damit man immer präsent sein kann im Bezug auf kurzfristige Gigs. Aber sonst....Who cares?!


Nadja: Gibt es noch irgendwelche musikalischen Ziele, welche du gerne verwirklichen möchtest?

thajoka: Ich will auf jeden Fall noch einen Plattendeal haben, bei dem ich mein eigenes Album releasen kann.


Nadja: Warum gerade DJ, und nicht Kassierer bei ner Bank ?

thajoka: Zu langweilig. Es ist doch viel interessanter, zu reisen und neue Leute kennen zu lernen. Überall ist es anders. Außerdem verdient man mehr Geld...


Nadja: Immer wenn man denkt, besser kann es nicht werden, schaffst Du es, den Stimmungspegel noch ein Stück nach oben zu schrauben. Was macht für Dich einen guten DJ und den besonderen Reiz von Techno aus?

thajoka: Der besondere Reiz an gutem Techno ist Härte, Kompromisslosigkeit und dreckiger Sound! Ich liebe einen Hammersound. Ein guter DJ muss die ihm gegebe-nen Platten in einer guten Reihenfolge mit einem guten Stimmungsbogen versehen damit das Publikum feiern kann. Klappt das nicht, sollte er überlegen warum er eigentlich auflegt.


Nadja: Welche Frage habe ich vergessen, auf die Du gerne antworten würdest?

thajoka: Welche Hobbies hast du? Reiten, schwimmen, lesen.


Nadja:Danke für dieses ausgiebige Interview. Wir hoffen noch viel von Dir zu hören.

thajoka wird übrigens am 30.08.2002 im Double You Lachendorf eines seiner besten Sets widerspiegeln. Weitere Infos findet ihr unter den Feierterminen. Auf jeden Fall ein Gig, den ihr euch nicht entgehen lassen dürft.